Laatzen

Jürgen Gansäuer: Kompetent, kurzweilig, launig

RETHEN. Etwa 80 Gäste – so viel wie lange nicht – haben sich heute Vormittag im Haus des Kunstkreises in der Hildesheimer Straße in Rethen eingefunden, um am Neujahrsempfang des Kunstkreises Laatzen teilzunehmen. Die meisten von ihnen werden die Ohren gespitzt haben, als der Landtagspräsident a. D. Jürgen Gansäuer kompetent, launig und kurzweilig die Kunst aus seiner Sicht in den Blickpunkt stellte.. "Vor wenigen Tagen haben wir uns einen guten Rutsch ins neue Jahr gewünscht. Mit diesem Wunsch haben wir bereits auf eine bemerkenswerten Kulturtradition zurückgegriffen, denn der Begriff "Guter Rutsch" wird abgeleitet vom jüdischen Gruß "Rosch-ha-Schana", auf Deutsch "Ein gutes Jahr. Sie erkennen daran, dass unsere Kultur eine feste christlich-jüdische Verankerung besitzt, der wir alle miteinander nicht entkommen." Auf dem Neujahrsempfang eines Kunstkreises zwei Wochen nach dem Weihnachtsfest zu referieren, hieße zuallererst, etwas uüber die Kunst und ihre Bedeutung in unserem freiheitlich-demokratischen Gemeinswesen zu sagen. Das waren Jürgen Gansäuers erste Sätze.

Für den ehemaligen Landespolitiker aus Laatzen ist klar: "Kunst muss kritisiert werden dürfen, und zwar um ihrer selbst Willen." Schöpferische Kreativität entstehe nicht durch devoten Beifall, sondern durch den Zwang zur Rechtfertigung. Insofern müssten Künstler Kritik nicht nur nolens volenz ertragen, sondern sie müssten sie sogar wollen und sich mit ihren sachlichen Argumenten auseinandersetzen. Und. "Kunst ist nicht schon dann Kunst, wenn sie möglichst viel Protest hervorruft." Kunst dürfe neben ihrer provozierenden, aufrüttelnden Funktion durchaus schöpferisch-bereichernd und erbaulich sein. Jürgen Gansäuer lehnt in diesem Kontex Eingiffe des Staates in die Belange der Kunst rigoros ab.

"Kunst ist Garant eines Überwindens von Grenzen, einer Öffnung sonst verschlossener Horizonte, einer Erprobung unentdeckter Potentiale, einer Erweckung verdrängter Emotionen, einer Neugier auf das Unbekannte und steigende Wiedergeburt der Empathie." Kunst sei aber auch die Akzeptanz von Veränderung und Weiterentwicklung, xenn Fortschritt müsse immer gegen das bestehende errungen werden. "Kunst ist Garant für Bewegung, von Aufbruch, von Kritik und – was mir ganz wichtig ist – auch ein Garant von Versöhnung und Freiheit und ein Plädoyer für die Toleranz gegenüber dem Anderen, dem vermeintlichen Fremdem und Unbekanntes." Für seinen Vortrag ernte Jürgen Gansäuer starken Beifall.

Zu Beginn der Veranstaltung hatte Monika Gorbuschin, die 1. Vorsitzende des Kunstkreises Laatzen, die zahlreichen Gäste – darunter die Kunstkreis-Urgesteine Eva Brönstrup und Helmut Borsum – begrüßt und einen Rückblick auf das zurückliegende Jahr gegeben. Unter anderem hat der Verein 2015 wieder zwölf Ausstellungen in der Galerie im Haus des Kunstkreises ausgerichtet, die erneut auf großes Interesse gestoßen sind. Margitta Leonhard, die Ausstellungsbeauftrage des Kunstkreises Laatzen, bekam als Dank für ihren Einsatz von der Vorsitzenden einen Blumenstrauß überreicht.

Neben des Ausstellungen hat der Kunstkreis sieben Lesungen ausgerichtet, den Kunstpreis Laatzen sowie den Jugend-Kunstpreis Laatzen ausgelobt, wieder einen Schreibwettbewerb für Kinder und Jugendliche angeboten und zwei Kunsthandwerker-Ausstellungen organisiert.

Auch der Blick in die Zukunft fehlte nicht. Auch 2016 wird es erneut jeden ersten Sonntag im Monat im Haus des Kunstkreises eine Ausstellungseröffnung geben und die bekannten Wettbewerbe werden wieder im Programm aufgenommen. Monika Gorbuschin ließ aber auch durchblicken, das der Verein personelle Unterstützung benötigt. "Allein können wir das auf Dauer nicht wuppen." Der Verein brauche dringend Verstärkung.

Jürgen Köhne, Bürgermeister der Stadt Laatzen, überbrachte die Grüße von Rat und Verwaltung der Stadt und betonte, dass er wieder gern zum Kunstkreis Laatzen gekommen sei. "Der Kunstkreis ist mir ein wichtiges Anliegen", betonte er. Bezugnehmend auf den personellen Bedarf des Vereins sagte er: "Es gibt immer eine Chance, und ich hoffe, dass Sie diese Chance ergreifen."

Den musikalischen Rahmen an diesem Vormittag gaben Heiner Metell (Bassklarinette) und Christóph Bussius (Sopransaxophon).

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