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Feuerwehr Harkenbleck übt dreifach an einem Abend

HARKENBLECK. „Taktisches Vorgehen bei Einsätzen tagsüber in Harkenbleck bei (Fach-)Kräftemangel“ war das Thema des jüngsten Ausbildungsdienstes der Ortsfeuerwehr Harkenbleck. . Dieses Thema wählte Übungsdienstleiter Lennart Fieguth aus verschiedenen Gründen, denn unter anderem ist fast die Hälfte der Ehrenamtlichen in der Wehr (48 Prozent) unter 27 Jahre alt. Umso wichtiger ist es, dass die jungen Retter viel Erfahrung sammeln, was aber mit zehn bis 20 Einsätzen pro Jahr nicht wirklich einfach ist, sodass eine hohe Anzahl an Einsatzübungen notwendig ist.

Weiterhin kann der akute Lehrgangsbedarf durch die Niedersächsische Akademie für Brandschutz in Celle und Loy aktuell nur zu maximal 60 Prozent gedeckt werden, und so fehlen auch in Harkenbleck notwendige Führungslehrgänge wie zum Beispiel zum Truppführer oder Gruppenführer. Die meisten Feuerwehren in Deutschland haben zudem an Werktagen tagsüber durch die berufsbedingte Ortsabwesenheit weniger Kräfte zur Verfügung als am Abend, in der Nacht oder am Wochenende.Unter den vielen jungen Ehrenamtlichen in Harkenbleck sind viele Schüler und Studierende, die glücklicherweise oft auch tagsüber in Harkenbleck sind und dann den überwiegenden Teil der Mannschaft stellen. Trotz fehlender Lehrgänge und wenig Erfahrung müssen sie – wenn kein Gruppenführer oder andere erfahrene Kräfte da sind – bei Einsätzen in Harkenbleck Verantwortung übernehmen, Entscheidungen treffen und die Einsatzleitung in den ersten Minuten solange übernehmen, bis Führungskräfte aus Harkenbleck oder Nachbarfeuerwehren eintreffen.

Das Vorgehen bei einem solchen "Worst Case Szenario" wurde jetzt trainiert. Dazu bereitete Lennart Fieguth vier Einsätze vor, wovon drei gefahren wurden. Mit der beginnenden Umstellung auf den Digitalfunk wurden die Funkrufnamen in der Stadtfeuerwehr zum 1. Juli geändert und da die Kommunikation im Einsatzfall extrem wichtig ist, wurde auch das Funken mit den neuen Funkrufnamen und die Kommunikation allgemein bei dem Dienst trainiert. Hierzu wurde der Mannschaftstransportwagen der Ortsfeuerwehr Hiddestorf-Ohlendorf ausgeliehen und zu einer Übungsleitstelle umfunktioniert. Die Leitstelle Hannover wurde bereits vorher informiert und stellte zwei separate Kanäle zum Üben zur Verfügung.

Sebastian Hillert und Torsten Melde spielten die Disponenten der Leitstelle und simulierten auch den Funkverkehr der anderen Ortsfeuerwehren, die bei den meisten Einsätzen in Harkenbleck gemäß dem Schutzziel ebenfalls zur Unterstützung mit ausrücken. Als Einsatzfahrzeuge standen die beiden Harkenblecker Fahrzeuge, das Löschgruppenfahrzeug 8 und der Mannschaftstransportwagen zur Verfügung. Wie im realen Einsatzfall ist auch die Fahrzeugbesatzung immer unterschiedlich und so teilte der Übungsleiter Fieguth die Kräfte anhand einer vorbereiteten Liste für jeden Einsatz neu in verschiedenen Kombinationen auf die verschiedenen Fahrzeuge auf. Die Übungsleitstelle übermittelte dann den Einsatzauftrag an das Löschgruppenfahrzeug und einige Minuten später auch an den Mannschaftstransportwagen.

Die Anfahrt erfolgte ohne Blaulicht und Horn, an der Einsatzstelle wurde das Blaulicht zur Absicherung eingeschaltet. Der erste Einsatz war ein Trafobrand am Hallerskamp, hier mussten die Abstände zu Stromeinrichtungen bei der Brandbekämpfung berücksichtigt werden. Im zweiten Einsatz musste eine Person in der Harkenblecker Masch gesucht werden. Die Person wurde nach einer kurzen systematischen Suche mit allen Kräften wenige Minuten später schwer verletzt unter einer Brücke gefunden. Mithilfe der Steckleiter, dem Tragetuch und mehreren Seilen konnte die Person zügig gerettet werden.

Der letzte Einsatz war ein Chemieunfall (ABC-/CBRN-Einsatz) mit Cyanwasserstoff (Blausäure) an der Kapelle in Harkenbleck, bei denen zwei Menschen verletzt worden und gerettet werden mussten. Hier stand die Vorgehensweise bei einem ABC-/CBRN-Einsatz für eine Ortsfeuerwehr mit Grundausstattung im Vordergrund. Hilfestellung gibt die GAMS-Regel, das bedeutet zuerst die Gefahr erkennen, dann entsprechend Absperren, Menschenrettung und Spezialkräfte alarmieren. Unter den Übungsteilnehmern in den Einsatzgruppen war kein ausgebildeter Gruppenführer, sodass drei junge Mitglieder – der Älteste war 24 Jahre – jeweils die Einsatzleitung übernehmen mussten. Der Transformatorenstationbrand wurde von Truppmann Niklas Bohle, die Personensuche und -rettung von Truppführer Jan Hofmann und der Chemieunfall (ABC-/CBRN) von Truppmann Lennart Fieguth geleitet. Die Einsatzleiter und Einsatzgruppen wurden durch die Leitstelle und Szenarioänderungen immer wieder unter Druck gesetzt, konnten aber alle Einsatzlagen erfolgreich abarbeiten.

Ortsbrandmeister Alexander Specht und Stellvertreter Heiko Schottmann beobachteten das Geschehen und gaben als ausgebildete Gruppenführer in den Feedbackrunden Tipps für eine noch effizientere Vorgehensweise.Zudem wurden die Einsätze zur genaueren Analyse von Heiko Schottmann gefilmt. Nach etwa zweieinhalb Stunden war der Übungsdienst beendet. Insgesamt nahmen 25 Personen an dem Übungsabend als Teilnehmer, Disponenten, Beobachter und Verletzte teil.

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