Feuerwehr übt die Selbstrettung kopfüber aus der Höhe
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Kopfüber die Steckleiter runter, das hatte zuvor noch keine Feuerwehrfrau beziehungsweise kein Feuerwehrmann aus Harkenbleck ausprobiert. „Ladder Bail Out“ heißt dieses Vorgehen und gehört in den USA zu den Standardübungen. . Immer mehr Feuerwehren aus Deutschland übernehmen diese Technik, denn sie kann das eigene Leben retten, wie verschiedene Videos auf diversen Internetplattformen zeigen. Folgendes Beispiel zeigt die Wichtigkeit eines solchen Trainings. Ein Atemschutztrupp befindet sich in einer brennenden Wohnung, als es plötzlich zu einem "Flashover" kommt. Schlagartig steht der Raum im Vollbrand und die Atemschutzgeräteträger mittendrin. Dabei herrschen Temperaturen um die 1000 Grad Celsius und die Schutzkleidung kann nur wenige Sekunden vor Verbrennungen schützen.
Instinktiv suchen die Feuerwehrleute den schnellstmöglichen Weg aus der Flammenhölle und den körperlichen Qualen, und dass sind meistens die Fenster. Grundsätzlich sollte bei einem Einsatz unter Atemschutz das Einsatzobjekt mit mehreren Leitern "angeleitert" werden, um den Kräften im Innenangriff Rückzugswege bereitzustellen. Jedoch haben die Feuerwehrkräfte im Feuer nicht die Zeit, auf diese Leitern vorschriftsmäßig mit den Füßen zuerst herunterzuklettern, dazu sind sie auch meistens nicht mehr in der Lage. Auch für das Abseilen bleibt keine Zeit mehr.
Wie die traurige Realität zeigt, springen die im Feuer eingeschlossenen oder stehenden Menschen oft aus dem Fenster, um der Flammenhölle zu entkommen. Schwere Verletzungen oder der Tod sind oft die Folge, der Tod aus der Höhe ist eher zu ertragen als der Tod durch Verbrennung.
Eine Möglichkeit für die Feuerwehrkräfte der Flammenhölle bei 1000 Grad Celsius zu entkommen, ohne dabei zu Boden zu stürzen, bietet das "Ladder Bail Out". Auch hier springen die Einsatzkräfte aus dem Fenster, wie sie es auch instinktiv tun würden. Da jedoch eine Leiter angeleitert ist, können sie diese dann direkt greifen. Sie springen also Kopfüber aus dem Fenster, greifen die Leiter und hängen dort dann erstmal fest. Der Kopf ist in Sicherheit und sollten die Flammen aus dem Fenster schlagen, sind lediglich die Füße noch der Gefahr ausgesetzt. Entweder halten sie sich dort fest und warten auf weitere Hilfe oder sie rutschen Kopfüber dann solange runter, bis sie den Flammen entkommen sind. Außerhalb der Flammen können Sie sich dann um 180 Grad auf der Leiter drehen, um dann mit den Füßen zuerst herunterzuklettern. Das Herunterrutschen der ganzen Leiter, wie Einsatzkräfte in anderen Ländern das tun, ist durch die Federsperrbolzen, die von der Steckleiter nach außen stehen, nicht beziehungsweise nur beschränkt möglich.
Der Sprung und die Drehung auf der Steckleiter wurden aus Sicherheitsgründen in minimaler Höhe auf sandigem Boden auf dem Harkenblecker Spielplatz geübt. Die meisten Ehrenamtlichen standen dem Training eher skeptisch gegenüber, aber einige trauten sich zu, dieses Vorgehen zu üben. Organisiert wurde der Übungsdienst von Lennart Fieguth und Torsten Melde. Sie wiesen darauf hin, dass für diese Technik von den Grundsätzen der Feuerwehr-Dienstverordnung 10 (Tragbare Leitern) abgewichen werden muss. Denn diese besagt, dass die obersten drei Sprossen über der Austrittsstelle stehen müssen. Das Problem ist jedoch, insbesondere bei kleineren und schmalen Fenster, dass dann kein Platz mehr ist, auf die Leiter zu gelangen und der Rettungsweg versperrt ist. Zudem ist ein "Ladder Bail Out" dann auch nicht mehr möglich. Hierzu sollte maximal eine Sprosse überstehen.
Der "Ladder Bail Out" sollte nur zum Einsatz kommen, wenn es keine anderen Rückzugsmöglichkeiten mehr gibt (z.B. über die Treppe, Flucht in einen anderen Raum usw.)! Alle anderen Varianten sind zu bevorzugen, der "Ladder Bail Out" ist nur eine absolute Notlösung. Diese Technik bietet den Feuerwehrkräften lediglich eine Alternative, bevor sie sich zum Erdboden stürzen oder Verbrennen.
Ein "Ladder Bail Out"-Training sollte nur mit entsprechender Sicherung (z.B. Seilen) oder in geringen Höhen durchgeführt werden, denn in den USA kam es dabei schon zu schweren Unglücken mit Todesfolge und schweren Verletzungen. Ist keine Leiter verfügbar, kann man auch versuchen sich aus dem Fenster zu hängen, um den Flammen zu entkommen und um die Fallhöhe zu verringern. Weitere Bestandteile des Übungsdienstes waren neben der Selbstrettung bei einem "Flashover" das Retten von Verletzten bei und ohne Bewusstsein aus der Höhe. Während Personen bei Bewusstsein und geringen Verletzungen noch selbstständig die Leiter herunterklettern können und lediglich durch die Feuerwehr gesichert werden, müssen bewusstlose Personen oder Schwerverletze durch die Feuerwehrkräfte getragen werden.
Die Trageweisen und deren Besonderheiten wurden mehrfach trainiert. Den Verletzten spielte Sebastian Hillert, der von Alexander Muth während der ganzen Übung zusätzlich mit einem Seil gesichert wurde. Nebenbei wurde der Umgang mit dem Generator und der Tragkraftspritze geübt.