Laatzen
Donnerstag, 04.11.21 - 09:01 Uhr

Archivfund im November: Kommunale Armenfürsorge nach dem Zweiten Weltkrieg

Brief des Flüchtlings E.K. an die freie Wohlfahrt in Laatzen, datiert auf den 12. September 1946.

LAATZEN. 

Der Laatzener Archivfund im November ist ein Brief von Flüchtlingen aus Schlesien, die im vorliegenden Schriftstück um Gegenstände des täglichen Lebens bitten. Datiert ist der Brief auf den 12. September 1946. Durch ihn sind Rückschlüsse auf die kommunale Armenfürsorge nach dem Zweiten Weltkrieg in Laatzen möglich.

 

Die Auswahl des Archivfundes ist diesmal auf Wunsch eines Laatzener Bürgers entstanden. "Über die Instagram-Seite der Stadt Laatzen haben wir Bürgerinnen und Bürger um Themenvorschläge gebeten und ich habe mich sehr gefreut, dass mit der kommunalen Armenfürsorge nach dem Zweiten Weltkrieg ein Vorschlag kam, der wirklich interessant ist und sich dank ergiebiger Quellen im Stadtarchiv auch sehr gut bearbeiten ließ", so Stadtarchivar Manuel Schwanse. "Zur Nachkriegszeit in Laatzen gibt es noch viele andere spannende Quellen, die einen Einblick in diese für viele Menschen sehr leidvolle Zeit geben. Daher wird sich sicherlich auch in Zukunft noch der ein oder andere Archivfund mit dieser Zeit beschäftigen", so Schwanse weiter.

 

Aus dem Brief, der von einem 74-jährigen Flüchtling (Herr K.) an die freiwillige Wohlfahrt geschrieben wurde, erfahren wir unter anderem folgendes "Unterzeichnete sind Flüchtlinge aus Schlesien und dort haben uns die Polen unser ganzes Hab u. Gut geraubt und geplündert, auch unsere Wertsachen, Uhren und unser ganzes Barvermögen haben sie uns gewaltsam entrissen, sodaß wir jetzt völlig verarmt und mittellos unser weiteres Dasein fristen müssen."

 

Im weiteren Verlauf des Briefes bittet Herr K. um verschiedene Kleidungsstücke für sich und seine Frau. Die Lesenden erfahren, dass Herr K. durch "das grenzenlose, durchlebte Elend vollständig arbeitsunfähig" geworden ist.

 

In Laatzen wurde die kommunale Armenfürsorge nach dem Zweiten Weltkrieg - soweit aus den Quellen ersichtlich - im Wesentlichen von zwei Säulen getragen. Der Unterstützung durch das Wohlfahrtsamt der Kreisverwaltung Hannover-Land und durch die freien Wohlfahrtsverbände.

 

Im Laatzener Stadtarchiv lassen sich 13 "Fallakten der allgemeinen Fürsorge" finden. Die Bedürftigen stellten einen Antrag auf Wohlfahrtsunterstützung, der dann in der Gemeinde weiterbearbeitet wurde. Die zweite Säule der Armenfürsorge waren die Dienste und Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege, wozu unter anderem das Rote Kreuz und die Arbeiterwohlfahrt gehörten. In enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde Laatzen organisierten sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Ortsausschuss für Wohlfahrtspflege.

 

Der Schwerpunkt der Armenfürsorge in Laatzen war - darauf zumindest deuten die Quellen hin - die Versorgung der Bedürftigen mit Kleidung. Bei den meisten Armen handelte es sich offensichtlich um Flüchtlinge aus dem Osten. Im Stadtarchiv Laatzen ist eine umfangreiche Akte mit dem Titel "Allgemeine Wohlfahrtspflege 1945-1946" archiviert, die einen Einblick in das Leid der Menschen nach Kriegsende gibt. Das aufgeführte Zitat ist nur einem von mehreren hundert überlieferten Briefen entnommen, die an die freien Wohlfahrtsverbände bzw. den Ortsausschuss für Wohlfahrtspflege adressiert waren.

 

Der Archivfund des Monats ist - wie auch alle Vorgängerfunde - in der Reihe "Archivale des Monats" auf der Homepage der Stadt Laatzen unter dem Link https://www.laatzen.de/de/stadtarchiv.html zu finden.

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