Hannoversche Werkstätten wünschen sich von Arbeitgebern mehr Offenheit
RETHEN.
Das derzeit größte Thema sei für ihn die Vermittlung von Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt - in den Hannoverschen Werksstätten gebe es viele Beschäftigte, die dafür bereit seien, aber es finden sich nicht ausreichend Arbeitgeber in Hannover und der Region. Das berichtete deren Geschäftsführer Manfred Willems der niedersächsischen Sozialministerin Daniela Behrens (SPD), die die Einrichtung jetzt gemeinsam mit der für Laatzen, Pattensen und Sehnde zuständigen SPD-Landtagsabgeordneten Dr. Silke Lesemann besucht hat.
"Es gibt noch immer viele Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen", betonte Willems. "Dabei brauchen wir uns vor dem ersten Arbeitsmarkt nicht verstecken - wir können mit unseren Mitbewerbern mithalten", ist Thomas Wachenhausen, Werkstattleiter in Rethen, überzeugt. Das müsse nur bei den Arbeitgebern ankommen. Man müsse "die Schubladen aufbrechen", betonte auch die Sozialministerin. Gerade kleinere Unternehmen wüssten nicht, ob die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung das richtige für sie sei. "Dabei gibt es viele tolle Beispiele, die sich einfach nur herumsprechen müssten", sagte Behrens.
Doch was ist dafür nötig? Geschäftsführer Willems wünscht sich ein Netzwerk, in dem auch die Arbeitgeber zahlreich vertreten sind, zum Beispiel die Industrie- und Handelskammer. Alle Entscheider an einen Tisch bringen, das müsse das Ziel sein. "Ich habe eine Vorstellung davon, was sich Arbeitgeber wünschen, aber ich weiß es nicht genau", sagt Willems. Ein Netzwerk zum regelmäßigen Austausch wäre seiner Meinung nach ideal. Den Arbeitgebern müsse auch vermittelt werden, dass sie Hilfe bei der Integration erhalten. "Wir helfen vor Ort bei der Integration in das Arbeitsumfeld", erklärte Wachenhausen.
Behrens verwies in diesem Zusammenhang auch auf den Aktionsplan Inklusion des Landes Niedersachsen, der in Arbeit sei und weitere Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen bringen werde. "Alle Ministerien sollen sich dabei einbringen", so die Ministerin. Sie wolle sich auch mit dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium intensiv besprechen. Claudia Ahrens, die Vorsitzende des Werkstattrats, der die Beschäftigten in den Werkstätten vertritt, sprach sich für höhere Löhne aus. "Wir möchten nicht mehr von Sozialleistungen abhängig sein und einen Arbeitnehmer-ähnlichen Status erhalten", so Ahrens.
Die niedersächsische Sozialministerin betonte, dass sie im regelmäßigen Austausch mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte Niedersachsen. Willems lobte die Politik für die Hilfen während der Corona-Zeit. "Wir wurden sehr gut unterstützt und mussten niemanden entlassen - wir konnten gut durch diese Krise kommen", so der Geschäftsführer.
Die hannoverschen Werkstätten beschäftigen mehr als 1000 Menschen mit Behinderung und rund 220 Fachkräfte für die Betreuung und Assistenz der Werkstattmitarbeiter*innen. Am Standort Rethen arbeiten rund 160 Mitarbeiter*innen in der Wäscherei, Backstube, Fleischerei, Gastro, Radwerkstatt, im Bistro, in der Autopflege, in der Fahrradwerkstatt und im Büro für leichte Sprache. Geschäftsführer Willems und Werkstattleiter Wachenhausen führten den Besuch gemeinsam mit Ahrens durch die einzelnen Werkstätten. Erster Halt: Die Gastronomie, wo täglich frisch gekocht wird: Die Hannoverschen Werkstätten bieten Betriebsgastronomie und Fernverpflegung an, zu den Kunden gehören Schulen, Kindertagesstätten und Horte.
Derzeit machen die steigenden Energiekosten der Einrichtung zu schaffen. "Wir rechnen mit 12 Prozent Mehrausgaben", berichtete Willems. Man habe sich mit anderen Organisationen zusammengetan und einen Krisenstab Energie gebildet. Weiter geht es in die Fleischerei, wo zwei Mitarbeitende gerade Currywürste vorbereiten. Täglich werden hier Schweinehälften angeliefert und weiterverarbeitet - für die Fernverpflegung und die Betriebskantinen aber auch die Schlachterei-Verkaufsflächen.
In der benachbarten Backstube zeigte einer der Beschäftigten der Sozialministerin eine Arbeitserleichterung, die er täglich verwendet: eine Kiste mit Trennwänden im Schachbrettmuster. "So kleben die frische Teiglinge nicht aneinander und sie lassen sich ganz leicht trennen." Nächster Stopp: das Büro für leichte Sprache. In dieser "Textfabrik" werden komplizierte Texte von Behörden oder anderen Stellen in Leichte Sprache übersetzt. "Dieses Angebot ist bereits von Ministerien in Niedersachsen und beispielsweise auch für das Wahlprogramm der SPD genutzt worden. Sie leisten hier eine tolle Arbeit", sagte Lesemann, die die Einrichtung in ihrem Wahlkreis regelmäßig besucht.
Hemmingen, Laatzen, Pattensen und Sarstedt
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